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Risikomuster in der Automobilzulieferindustrie

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08.11.2024
Köln
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Asiatische Zulieferer und OEM haben die letzten Jahren Boden gutgemacht, während westliche Märkte vor allem durch Margendruck gezeichnet wurden. Deutsche Unternehmen mit ihrer Innovationskraft aber können Veränderungen für den eigenen Erfolg nutzen.

Die deutschen Automobilzulieferer haben sich sehr erfolgreich von der Krise 2009 erholt. Dennoch warten in den kommenden Jahren große Herausforderungen. Der globale Automobilmarkt dürfte zwar auf Wachstumskurs bleiben, ist aber auch im Umbruch. Durch die kontinuierliche Verschiebung hin zu neuen Märkten und Technologien, immer stärker werdende asiatische Player, zunehmende Konsolidierung und steigenden Kostendruck entstehen für die etablierten Supplier klare Risiken. Viele deutsche Zulieferer sind sehr gut positioniert, diese Entwicklungen als Chance zu nutzen, benötigen dafür aber ausreichende Finanzkraft. Angesichts der momentanen Verunsicherung in den Kapitalmärkten gilt es, mögliche Risiken gegenüber den Kapitalgebern proaktiv anzusprechen und eine überzeugende Strategie für die nächsten Jahre darzustellen. Dann können gerade innovative deutsche Zulieferer im internationalen Wettbewerb überaus erfolgreich sein. Das sind Ergebnisse der aktuellen Oliver Wyman-Studie „Risikomuster in der Automobilzulieferindustrie.”

Überraschend schnell hat sich die globale Automobilindustrie von ihrem historischen Tief 2009 erholt. Weltweit wurden 2011 rund 76,8 Millionen Fahrzeuge produziert. Dies entspricht gegenüber den 70,4 Millionen des Vorkrisenjahrs 2007 einem Plus von knapp zehn Prozent. Der Weltmarkt indes hat sich verändert. So erfolgte eine klare Verschiebung hin zu China, Indien oder Indonesien und – damit einhergehend – hin zu einfacheren Fahrzeugzeugklassen. Insgesamt konnte Asien die Fahrzeugproduktion von 2007 bis 2011 um rund 31 Prozent auf 36,5 Millionen steigern. Im gleichen Zeitraum ist der Markt in Westeuropa und Nordamerika um 13 Prozent geschrumpft. Profitiert haben neben den deutschen Premiumherstellern vor allem chinesische und südkoreanische Autobauer. Sie legten auch während der Krise beim Umsatz zu. Zwischen 2007 und 2010 beliefen sich die jährlichen Wachstumsraten auf 23 beziehungsweise 17 Prozent. Im gleichen Zeitraum haben viele europäische Hersteller nach den massiven Umsatzverlusten im Jahr 2009 gerade erst das Niveau von 2007 wieder erreicht. OEMs aus USA und Japan liegen sogar noch rund neun Prozent darunter.

Vergleichbar ist die Entwicklung in der Zulieferindustrie. Chinesische und südkoreanische Wettbewerber sind inflationsbereinigt um 55 beziehungsweise 45 Prozent gegenüber 2007 gewachsen. Viele Zulieferer aus Europa, USA und Japan konnten im gleichen Zeitraum lediglich die Umsatzverluste aus 2009 ausgleichen oder liegen noch leicht unter dem Niveau von 2007. Zudem sind Zulieferer aus Asien im Schnitt mittlerweise deutlich profitabler. So realisierten beispielsweise chinesische Zulieferer 2010 im Schnitt eine EBIT-Marge von elf Prozent, während europäische Wettbewerber im Mittel nur sechs Prozent erzielen konnten. Doch die Erfolge der asiatischen Hersteller und Zulieferer sind nicht das einzige Problem der westlichen Supplier. Es droht eine Konjunkturabkühlung des Gesamtmarkts, und die Überkapazitäten bei den OEMs sind so hoch wie vor der Krise.

Künftige Markttrends als Chance begreifen

In den nächsten Jahren sind im weltweiten Automobilmarkt weitere wichtige Entwicklungen abzusehen. So setzt sich die Verschiebung der Produktion in die neuen Märkte fort, was den Wettbewerbsdruck erhöht und die Spielregeln neu definiert. Der in der Krise entstandene M&A-Stau löst sich auf, die Industriestrukturen verändern sich. Alternative Antriebskonzepte bringen neue technologische und strategische Herausforderungen mit sich. Darüber hinaus greifen steigende Faktorkosten und erhöhter Kostendruck der OEMs die Margen der Zulieferer an. Und schließlich werden viele Module bei Neuserien einen geringeren Wertanteil je Fahrzeug haben. Dennoch sind diese Entwicklungen für viele Automobilzulieferer eine Chance. „Wenngleich sich die Märkte stark nach Asien verschieben, sind viele deutsche Zulieferer doch sehr gut positioniert, um auch außerhalb von Europa erfolgreich zu sein“, ist Lars Stolz, Partner und Automobilzulieferexperte bei Oliver Wyman, überzeugt. „Gerade innovative und strategisch gut aufgestellte Unternehmen werden sich im Wettbewerb mit Playern aus Fernost behaupten können.“Die aktuelle Oliver Wyman-Studie hat die wichtigsten Faktoren für künftigen Erfolg ermittelt. Dazu zählen ein globales Geschäftsmodell verbunden mit geeigneter Wertschöpfung in den Wachstumsmärkten, die Unabhängigkeit von einzelnen OEMs aus Europa, USA und Japan sowie eine starke Technologieposition oder gar Nischenstatus. Hinzu kommen Kosteneffizienz aufgrund operativer Exzellenz, eine wettbwerbsfähige Kostenstruktur sowie die Möglichkeit, aktiv an der Segmentkonsolidierung in Folge von wieder zunehmenden M&A-Aktivitäten und neuen Partnerschaften teilzunehmen.

Ausreichende Finanzkraft schaffen

Für die Zulieferer heißt somit das Gebot der Stunde, diesen Umbruch im Markt als Chance zu begreifen und mit gezielten Maßnahmen Nutzen daraus zu ziehen. Dazu sollten Management oder Inhaber ihre Unternehmen anhand einer „Supplier Agenda 2015“ ausrichten. Im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung gilt es, konsequent an den Themen Kosteneffizienz, Marktfokus, Innovationen, Vertriebsnetz, Partnerschaften sowie Führung und Organisation zu arbeiten. Dies erfordert nicht zuletzt hohe Investitionen. Um die Finanzierung zu gewährleisten, ist es von entscheidender Bedeutung, Gesamtstrategie und Maßnahmenbündel gegenüber Banken klar zu kommunizieren. Denn diese betrachten vor dem Hintergrund der Bankenkrise und neuen Anforderungen aufgrund Basel III jede Marktveränderung zunächst einmal auch als Risiko. Daher sind viele Banken bei der Kreditvergabe zurückhaltend, insbesondere wenn ihnen detaillierte Kenntnisse der Branchenentwicklung fehlen. Je intensiver der Dialog mit den Banken ist, desto leichter wird es den Zulieferern fallen, mit überzeugenden Strategien Kredite oder Anschlussfinanzierungen zu erhalten.

Doch auch anderen Kapitalgebern gilt es zu erklären, mit welchen Strategien die Risiken in Chancen umgewandelt werden können. Viele Automobilzulieferer wurden 2005 und 2006 von Finanzinvestoren zu Preisen gekauft, die starkes Wachstum unterstellten. Die Unternehmen stehen jetzt zum Verkauf an, konnten aber wegen der Krise ihre Wachstumspläne oftmals nicht realisieren. Entsprechend müssen die Zulieferer sicherstellen, dass der maximale Verkaufswert erzielt wird oder sich die Abzüge potenzieller Käufer zumindest in Grenzen halten, sonst drohen Probleme bei der Rückzahlung der Akquisitionskredite. Dazu muss nachgewiesen werden, dass keine Risiken bestehen oder wenn sie vorliegen, dass gezielte Gegenmaßnahmen bereits geplant oder eingeleitet wurden. „Die Zulieferer brauchen die richtige Story“, betont Lutz Jäde, Partner und Restrukturierungsexperte bei Oliver Wyman. „Haben sie die Risiken im Markt und im Wettbewerb nachvollziehbar im Griff und können sie ihre Strategie überzeugend darstellen, werden sie Banken und Finanzinvestoren für sich einnehmen. Und dann fließt auch das nötige Geld.“

Zukunftsorientierte Ansätze sind notwendig

Dank ihrer starken Position haben deutsche Zulieferer gute Chancen, mit der richtigen Vorbereitung den signifikanten Wandel im Markt für ihren eigenen Erfolg zu nutzen. Kapitalgeber sollten Unternehmen in ihrem Investment- beziehungsweise Kreditportfolio daher auf Basis ihrer Erfolgschancen im Licht dieser Veränderungen bewerten. Klassische Rating-Systeme greifen dabei zu kurz. Vielmehr muss ein zukunftsorientierter Ansatz verwendet werden, der Marktentwicklungen mit der Positionierung und Leistungsfähigkeit der Unternehmen verbindet. Bei Zulieferern, die in attraktiven Märkten gut positioniert sind, gilt es, das Engagement auszubauen. Erweist sich, dass bei Marktentwicklung und Positionierung eines Unternehmens Chancen aber auch Risiken vorliegen, muss der Dialog mit dem Management hinsichtlich der richtigen Strategie intensiviert werden. Sind hohe Risiken im Markt erkennbar und zeigen sich Supplier schlecht vorbereitet, sollten die Kapitalgeber Restrukturierungsmaßnahmen forcieren. Stärken Banken und Finanzinvestoren den gut positionierten deutschen Zulieferern finanziell den Rücken, dürften sich viele von ihnen auch künftig in der globalen Wettbewerbsarena durchsetzen können.

Erfolgsfaktoren für Zulieferer in Deutschland

  • Globales Geschäftsmodell
  • Unabhängigkeit von einzelnen OEMs aus traditionellen Märkten
  • Starke Technologieposition und/oder Nischenstatus
  • Kosteneffizienz
  • Aktive Teilnahme an der Segmentkonsolidierung
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