Aldi ist nach außen hin in einem Wandlungsprozess von "alt, traditionell" zu "jung, modern". Allerdings ist dieser Wandlungsprozess noch nicht in allen Niederlassungen sichtbar. Der Bewerbungsprozess an sich ist sehr einfach, schnell und effizient. Aufgrund der Effizienz hinkt jedoch die Qualität etwas hinterher, insbesondere die Gesprächsatmosphäre könnte man verbessern. Eine solide HR-Schulung würde eventuell gerade bei altbackenen GFs helfen!
1. Onlinebewerbung 2. Kennenlerninterview mit GF in der jeweiligen Niederlassung 3. Finales Interview
Eins vorweg: Ich wurde mit äußerst untypischen Fragen konfrontiert, ohne jegliche Struktur. 1. Die Eingangsfrage zielte direkt darauf ab wo ich mich bisher beworben habe und ob bereits Angebote vorliegen würden. Da ich ein ehrlicher Mensch bin, habe ich ihm erklärt, auf welche Branchen ich meinen Fokus gelegt habe, ohne jedoch den Link zum Handel zu vernachlässigen. 2. Die zweite Frage befasste sich zunächst damit, was ich über Aldi und die Position des RVLs wissen würde. Nun, hier bin ich - eventuell - in eine Falle getappt. Ich habe mich vor dem Interview sehr ausführlich über Aldi und den RVL-Job bei zwei Studienkollegen informiert. Beide arbeiten bei Aldi als RVLs und soweit glücklich. 3. Als ich dem GF diesen einleitenden Satz gesagt habe, drehte sich die komplette Stimmung um abrupt 180°. Ohne das ich meine Ansichten näher ausführen konnte, unterbrach er mich und meinte: "… nun denn, Sie haben mir gerade die halbe Arbeit dieses Gesprächs abgenommen. Gibt es denn noch etwas, was Sie gerne über Aldi erfahren wollen? 4. Ich bin trotz des Stimmungsumschwungs souverän geblieben. Ich habe ihm geschildert, dass die Meinungen über Karrieremöglichkeiten bei Aldi – leider – sehr weit auseinander. Trotz der positiven Resonanz meiner Studienkollegen, wird insbesondere in den Medien und Karriereforen (z. B. WIWI-Treff) auf Aldi sehr hart eingedroschen. Nun kann man mir natürlich nachsagen, wieso ich überhaupt kritische Fragen stelle. Ich für meinen Teil habe irgendwann entschieden, dass ich lediglich für Unternehmen arbeiten will, hinter denen ich auch voll und ganz stehen kann. Eventuell bin ich da auch eine Spur zu idealistisch. Wie dem auch sei, für mich ist es somit wichtig, sich ebenfalls kritisch mit dem Unternehmen auseinanderzusetzen und offene Fragen in einem Gespräch zu klären. Ich habe den GF also auf das Buch von Andreas Straub (Aldi: Einfach billig) angesprochen. Kurz zu diesem Buch: Andreas Straub (man kann von ihm denken, was man will) schreibt sehr negativ über den Job und die Karriere als RVL. Also junger Bachelor fing er ebenfalls dieses Trainee 2007 an und arbeitete bis 2011 dort. Seine überwiegend schlechte Darstellung von Aldi hat es sogar in einen Leitartikel im Spiegelmagazin aus dem Jahr 2012 geschafft. Dennoch, wenn man von den überwiegend negativen Aussagen mal absieht, erhält im Großen und Ganzen ein realistisches Bild. Ich sprach also den GF auf dieses Buch an und bat Ihn um eine Stellungnahme zu dieser Thematik. Seiner Mimik nach zu urteilen war dies eine unkluge Frage. Die Essenz der Aussage war in etwa so: "Wir bei Aldi beschäftigen uns mit diesem Thema nicht (mehr). Wir kennen Herr Straub schon etwas länger und wissen, wie wir die Situation zu beurteilen haben." 5. Darauf hin habe ich etwas zur Wettbewerbssituation (Stichwort: Lidl) gefragt, worauf der GF wieder lockerer wurde. Nach diesem Intermezzo drehte er den Spieß um und bat mich etwas über mich zu erzähle. Als ich anfing meinen Werdegang kurz zu erläutern, merkte ich, dass mir der GF überhaupt nicht zuhörte. Stattdessen blätterte er in meinen Bewerbungsunterlagen rum und unterbrach mich irgendwann mit der Frage, wieso ich denn mein Abitur erst mit 21 Jahre gemacht hätte. In etwa sieben Vorstellungsgesprächen (Praktika eingeschlossen) wurde ich bisher nie zu meinem Abitur gefragt. Dennoch war ich auf diese Frage vorbereitet, weil dies eine Schwäche in meinem Lebenslauf ist. Als ich Sie ihm plausibel beantwortet habe, bat er mich weiter zu machen mit meinem Werdegang – bis er mich erneut unterbrach. Er rechnete laut nach wie lange ich denn für meinen Bachelor gebraucht habe … darauf hin unterbrach ich ihn (:) und sagte, dass ich das Studium ohne etwaige Verzögerungen durchgezogen habe. Ich erklärte ihm, dass ich sicherlich nicht der jüngste Trainee bei Aldi sein werde. Aber jemand bin, der ein anspruchsvolles Studium durchgezogen hat und viel Belastbarkeit mitbringt (habe neben dem Studium 24h die Woche gearbeitet, um mir dieses zu finanzieren). Das sah er ein. Er hat auch bestätigt, dass das Studium in Maastricht hohe Anforderungen stellt und die RVLs die aus Maastricht stammen auch Erfolg bei Aldi haben. Nebenbei fragte er mich aber (trotzdem ungläubig) wie ich es denn nach Maastricht geschafft hätte. Auch dies habe ich souverän beantwortet. Trotzdem, zu diesem Zeitpunkt hatte ich dann selber keine Motivation mehr. Ich für mich habe in diesem Gespräch entschieden, dass ich für diesen GF nicht arbeiten will. Der GF suchte fortwährend ausschließlich nach Schwächen im Lebenslauf, ohne einen einzigen Bezug zu meinen Praktika, oder anderen beruflichen Erfahrungen zu nehmen. 6. Danach fragte er noch unverschämterweise, was denn meine Eltern beruflich machten. Scheinbar um zu prüfen wieso ich mir selber das Studium finanzieren wollte/musste. 7. Am Ende durfte ich noch ein paar Fragen stellen. Da ich etwas genervt von seinem altmodischen Interviewstil gewesen bin, habe ich noch einmal eine (recht unbequeme) Frage zum Thema Personalkosten und Personaleinsatzplanung gestellt. Hier muss man wissen, dass (gemäß Straub) die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Filialen maßgeblich durch den Stellhebel Personalkosten beeinflusst werden. Straub kritisiert in seinem Buch, dass RVLs gemeinsam mit dem jeweiligen Vorgesetzten (Verkaufsleiter), erfahrene Mitarbeiter sowie Filialleiter aus dem Unternehmen drängen um Personalkosten einzusparen. Gestandene Mitarbeiter und langjährige Filialleiter werden dann meistens gegen Azubis bzw. Interims-Filialleiter ersetzt, die deutlich günstiger sind. Doch zurück zum Vorstellungsgespräch. Der GF hat mit bestätigt, dass die Personalkosten sicherlich ein wesentlicher Hebel sind. Allerdings dürfte man ja nicht außer Acht lassen, dass unmotivierte Mitarbeiter auch schlechter (langsamer) arbeiten und dies somit einen indirekten Einfluss auf die Umsätze hätte …
Schwer zu sagen. Aldi ist sehr dezentral organisiert. D. h., das jeweilige Gespräch kann bei einer anderen Niederlassung ganz anders sein. Das Problem bei meinem Gespräch war, dass der GF schon recht alt gewesen ist und somit einer der alten Garde war. Ich weiß aber von meinen Bekannten, dass bei denen die GFs relativ jung und dynamisch sind. Deswegen kann man meine Erfahrung wahrscheinlich nur begrenzt generalisieren. Dennoch solltet ihr euch eben auf unbequeme Gespräch vorbereiten. Alternativ solltet ihr euch auch zu diesen Fragen etwas überlegen (Input von den Bekannten die bei Aldi als RVLs arbeiten): 1. Warum möchtest du gerne in den Einzelhandel? Was reizt dich am Umfeld? 2. Wie stellst du dir den Job als RVL vor? 3. Wie stellst du dir einen typischen Arbeitsalltag vor? 4. Bist du ein hands-on Typ? 5. Bist du jemand, der gerne die Initiative ergreift? 6. Was würde dich als jemanden auszeichnen, der Mitarbeiterverantwortung tragen kann? 7. Welche Erfahrungen hast du in der Rolle als Verantwortungsträger gesammelt? 8. In welchen Situationen konntest du Führungspotenzial zeigen? 9. Hast du in der Vergangenheit selbst etwas "bewegt", also etwas gemacht, was anderen auch etwas gebracht hat? 10. Wie flexibel bist du? 11. Als was für einen Typ Menschen würdest du dich bezeichnen? Was zeichnet dich aus?
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