Barmenia

Erfahrungsbericht August 2010
Barmenia
Wuppertal

Job - Barmenia

Zeitraum der Beschäftigung:
Oktober 2007 - September 2008
Position:
Job
Geschäftsbereich:
Vertrieb
Gehalt / Kompensation
1

Gesamtfazit

Eine Wachstumsbranche wie der Versicherungs- und Finanzdienstleistungsmarkt erfordert gut ausgebildete und qualifizierte Fach- und Führungskräfte. Doch aufgrund meiner Erfahrungen kann ich nur sagen, dass die Führungskräfte der Barmenia im Vorstellungsgespräch alles in leuchtenden Farben darstellen und sehr viele Versprechungen machen, welche die Barmenia später dann jedoch leider nicht einhält. Wer als Hochschulabsolvent in den Vertrieb möchte, der muss sich vorher bewusst machen, dass eine Vertriebskarriere in der Versicherungswirtschaft zunächst mit einer Tätigkeit als Versicherungsvertreter beginnt. Das heißt: (verbotene) telefonische Kaltakquise, „Klinkenputzen“, hoher Verkaufsdruck aufgrund der Geschäftsvorgaben etc. Karriere (wenn überhaupt) macht nur derjenige, der potenziellen Kunden etwas „aufquatschen“ kann. Man wird im Versicherungsvertrieb einzig und allein an seinen Verkaufszahlen gemessen, so dass eine objektive, bedarfsgerechte Beratung des Kunden aufgrund der Umsatzvorgaben schwer möglich ist. Doch wer weiterkommen möchte, der muss Zahlen liefern. Kurzum: Wer Kunden bedarfsgerecht beraten möchte, d.h. stets beste Qualität zum günstigen Preis, der sollte sich ein anderes Beschäftigungsfeld suchen.

Beschreibung der Arbeit

Als Vertriebsneuling muss man bei der Barmenia zunächst eine berufsbegleitende Ausbildung zum Versicherungsfachmann/zur Versicherungsfachfrau (IHK) mit anschließender Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer erfolgreich ablegen. Ohne eine derartige Ausbildung mit abschließender Prüfung geht seit der Umsetzung der Versicherungsvermittlerrichtlinie in Deutschland überhaupt nichts mehr. Daher ist man als Neuling im Versicherungsvertrieb doppelt belastet. Zum einen muss man die Pflichtvorgaben gemäß Ausbildungsrichtlinien der Barmenia erfüllen. Und zum anderen muss man die Lernzielvorgaben im Rahmen des Ausbildungsprogramms zum Versicherungsfachmann/zur Versicherungsfachfrau (IHK) erreichen. Das bedeutet viel Stress, da die Erfüllung der Produktions- und Lernziele eine Zulassungsvoraussetzung für die Folgeseminare im Rahmen des Ausbildungsprogramms bei der Barmenia ist. Entsprechend sieht der Tagesablauf eines Vertriebsneulings exemplarisch wie folgt aus: 8.00 Uhr Beginn der täglichen Arbeit 8.05 Uhr bis 9.00 Uhr Arbeitsvorbereitung (Ausdruck von Adresslisten, Einstudieren des Telefonleitfadens, kurzes Gespräch mit dem Bezirksleiter bzw. Organisationsleiter zum Ablauf etc.) 9.00 Uhr bis 12.00 Uhr Telefonische Akquise von Neukunden oder Kundentermine oder interne Schulungsmaßnahmen (Telefontraining, Verkaufstraining, Versicherungsprodukte/-tarife, Anwendung von Beitragstabellen, Umgang mit eBASIS, Aufnahme von Versorgungsanalysen etc.) in der Bezirksdirektion 12.00 Uhr bis 12.30 Uhr „Feedback“-Gespräch mit dem Bezirksleiter bzw. Organisationsleiter Zusätzlich finden regelmäßige so genannte Statusgespräche mit dem Bezirksleiter bzw. Organisationsleiter statt, um zu überprüfen, ob alle Pflichtvorgaben durch den Außendienstmitarbeiter erfüllt wurden. 12.30 Uhr bis 13.00 Uhr Pause 13.00 Uhr bis 20.00 Uhr Telefonische Akquise von Neukunden oder Erstellung von Angeboten und/oder Ausarbeitung von Versorgungsanalysen oder Kundentermine mit dem Bezirksleiter bzw. Organisationsleiter 20.00 Uhr bis 22.00 Uhr Selbststudium zur Vorbereitung und Teilnahme an den Grundlagen- und Folgeseminaren im Rahmen der Ausbildung zum Versicherungsfachmann/zur Versicherungsfachfrau (IHK) Da bei der Barmenia die Ausbildung in einzelne Ausbildungsphasen aufgeteilt ist, muss man in jeder Phase die Ausbildungsziele hinsichtlich Antragsstückzahl, Anzahl der durchgeführten Versorgungsanalysen sowie die Absatzzielvorgaben erfüllen.

Diese Persönlichkeit passt ins Unternehmen

Für eine Tätigkeit im Außendienst bei einem Versicherungsunternehmen eignen sich nur die wenigsten Menschen. Aus meiner Sicht gibt es drei unbedingt erforderliche Schlüsselkriterien, ohne deren Vorhandensein die Aussichten für eine erfolgreiche Vertriebskarriere in der Versicherungswirtschaft minimal sind. Entsprechend sollten sich Bewerberinnen und Bewerber mit dem Produkt und dem Wirtschaftsbereich identifizieren können. Zudem sollte eine große Motivation vorhanden sein, denn man hat jeden Tag mit fremden Menschen zu tun, die man vorher per Telefon oder anderen Medien zu kontaktieren hat. Für eine erfolgreiche Karriere im Versicherungsvertrieb benötigt man schließlich noch Einsatzbereitschaft, sehr viel Fleiß, Eigenverantwortlichkeit und vor allem Frustrationstoleranz, da nicht jeder Kontakt ein Treffer ist.

Beschreibung der Atmosphäre

Die Atmosphäre war unterkühlt, nicht freundlich und unpersönlich. Den meisten Führungskräften fehlte es an emotionaler Kompetenz und persönlicher Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern. Meiner Meinung nach ist die Personalführung im Versicherungsvertrieb zu stark auf Umsatz, Superprovisionen, Bonifikationen und dem Gewinn der zahlreichen Vertriebswettbewerbe ausgerichtet. Den Vertriebsmitarbeitern in der Versicherungswirtschaft werden die Ziele vorgelegt mit der Überzeugung, dass die Umsetzung und Realisierung auch unter stark veränderten wirtschaftlichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen schon irgendwie funktionieren wird. Daher wird auch sehr viel Druck gemacht. Zudem wird der Vertriebsmitarbeiter in der Versicherungswirtschaft nur am Umsatz und seinem Platz auf den so genannten Rennlisten gemessen. Steht man ganz oben auf diesen Listen, ist man „everybody’s darling“ bzw. „Jedermanns Liebling“; und wenn man sich ganz unten auf diesen Listen platziert hat, dann ist man „everybody's fool“ bzw. „Jedermanns Depp“. Dass jeder Mitarbeiter im Versicherungsvertrieb nicht nur „Umsatzproduzent“ ist, sondern auch „Kundenzufriedenheitsproduzent", wird auf diesen Rennlisten leider systematisch nicht berücksichtigt. Fazit: Die Atmosphäre im Versicherungsvertrieb leidet stark darunter, dass es primär nicht um den Kunden oder die Mitarbeiter geht, sondern einzig und allein nur knallharte Ergebnisse zählen.

Positiv am Arbeitgeber
Vorteile fallen mir gerade nicht ein. Vielleicht die Hotels während der Grundlagen- und Folgeseminare.
Negativ am Arbeitgeber
Nachteile aus meiner Sicht sind: telefonische Kaltakquise von Kunden, sehr hohe Mitarbeiterfluktuation, hoher Verkaufs- und Abschlussdruck, lange Arbeitszeiten, keine marktüblichen Provisionssätze (z.B. 2 MB bei Abschluss einer privaten Krankheitskostenvollversicherung, marktüblich sind aber mindestens 5 MB), Abhängigkeit von der Willkür der Führungskräfte, Mangel an qualifizierten Führungskräften, Rückforderung von Ausbildungskosten.
Gesamtbewertung
2
Karrieremöglichkeiten
3
Persönliche Entwicklung
3
Führungsstil & Kultur
1

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