Kai Rotermund ist Partner im Allianz Inhouse Consulting. Im squeaker.net-Interview vom 6.4.2020 erklärt er, was Corona für deine Karriere im Consulting bedeutet und was Recruiter jetzt von dir erwarten.
Bewerber sind angesichts von Terminabsagen auf der einen und Nachrichten zu Expansionsplänen der Beratungen auf der anderen Seite verunsichert. Sind die Einstellungsphasen erst einmal „on hold“?
Bewerber befinden sich in einer für sie sehr wichtigen Lebensphase. Es geht um den persönlichen Berufseintritt oder wichtige Schritte auf diesem Weg. Es ist ganz natürlich, dass die Corona-Pandemie und deren Auswirkungen in dieser Situation zu einer großen Verunsicherung führen, zumal es derzeit keine verlässlichen Prognosen gibt, wie sich das Ganze weiterentwickelt. Sei es auf dem deutschen Markt oder auch global. Auch die Unternehmen sind von dieser Unsicherheit betroffen. Insofern sollten sich Bewerber darauf einstellen, dass es schwieriger sein kann, klare Aussagen zu erhalten und dass der Bewerbungsprozess auch etwas länger dauern kann.
Was also tun?
Bewerber sollten zunächst auch für die Situation und die Unsicherheit der Unternehmen Verständnis aufbringen und sich in deren Lage versetzen. Darüber hinaus gelten auch in diesen Zeiten die üblichen Empfehlungen für den Bewerbungsprozess: Engagement zeigen, Transparenz schaffen, aktiv nachfragen und parallel Alternativen generieren.
Corona & Recruiting
Trotz der Corona-Pandemie halten einige Unternehmensberatungen an ihren Plänen für weitreichende Neueinstellungen fest. Doch wie sieht Recruiting & Employer Branding in Zeiten massiver Kontakt- und Reiseeinschränkungen überhaupt aus?
Gruppenveranstaltungen (Messen, Workshops, Recruiting-Events etc.) müssen allein schon aus gesetzlichen Gründen und zum Schutz der Gesundheit aller abgesagt werden. Einzelinterviews können auch per Videokonferenz abgehalten werden. Ob Interviews zudem noch im persönlichen Gespräch durchgeführt werden können, ist von den Umständen des Einzelfalles und der weiteren Entwicklung abhängig.
Corona & Unternehmensberatung
Die Krise wird eine Verschiebung der Relevanz einzelner Branchen mit sich ziehen. Wird die Corona-Krise dem Beratungsmarkt Auftrieb geben? Können Sie hier schon vorsichtige Prognosen wagen?
Als interne Strategie- und Managementberatung sehen wir hier kaum Auswirkungen für unser Geschäftsmodell Inhouse Consulting oder unsere laufenden Projekte. Für externe Beratungsunternehmen verändern sich die Rahmenbedingungen stärker, denn deren Berater dürfen nicht mehr reisen. Zudem dürfen Externe als Schutzmaßnahme bei einigen Unternehmen derzeit die Betriebsstätten nicht mehr betreten. Und letztlich stoppen manche Unternehmen angesichts der unsicheren Geschäftsprognosen ihren Liquiditätsabfluss. Für externe Beratungshäuser wird es also schwieriger, alle Projekte weiterzuführen bzw. neue virtuell zu starten.
Corona & Soft Skills
Die Corona-Krise fordert nicht nur Gesundheitssysteme und Politik, sondern jeden Einzelnen von uns heraus. Mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung, Solidarität, Kooperation, Mitgefühl, Disziplin und Rücksichtnahme. Wird sich angesichts der Krise die Bedeutung von Softskills auch im Recruiting verändern? Welche Softskills gewinnen hier an Relevanz?
Grundsätzlich werden sich die Anforderungen an Soft Skills an Bewerber nicht ändern. Einige Fähigkeiten oder Eigenschaften wie Verantwortungsgefühl, Solidarität und Rücksichtnahme sind aber noch wichtiger geworden.
Corona & Karriere-Events
Sämtliche Veranstaltungen wie Karrieremessen oder Inhouse-Events wurden abgesagt. Werden die Events nur verschoben oder bieten Sie ortsunabhängige Alternativen wie virtuelle Events und Workshops an?
Da wo es ging, haben wir Events verschoben. Bei einem stornierten Workshop haben wir dessen Teilnehmer beispielsweise auch schon mal ersatzweise zu einer Websession eingeladen. Ob solch virtuelle Angebote ausgeweitet werden (müssen), können wir derzeit noch nicht sagen. Grundsätzlich bevorzugen wir im Allianz Inhouse Consulting schon ein physisches Kennenlernen mit Interessenten und Bewerbern.
Corona & Home-Office
Das Erwerbsleben wurde quasi über Nacht digitalisiert. Ein Großteil arbeitet im Homeoffice. Wie erleben Sie die Zusammenarbeit im Homeoffice? Auf welche Hürden sind Sie gestoßen? Hat Remote Work das Zeug, von der Notwendigkeit in der Krise zum alternativen Arbeitsmodell in der Zukunft zu werden?
In der Allianz haben wir bereits vor Corona auf Neues Arbeiten umgestellt. Das beinhaltet auch Mobiles Arbeiten. Mit einem solchen „Stresstest“ hatten wir jedoch nicht gerechnet. Wir sind daher sehr zufrieden, dass sowohl unsere Mitarbeiter, als auch die IT sehr gut damit klar kommen, dass nun auf einmal der überwiegende Teil der Belegschaft gleichzeitig im Homeoffice arbeitet.So birgt die Krise auch Chancen, das Thema alternative Arbeitsmodelle weiter voranzutreiben. Herausforderungen sehen wir vor allem dort, wo wegen derzeitiger Schließung öffentlicher Einrichtungen eine gleichzeitige Betreuung von Kindern nötig ist. Ebenso können sich allein lebende Mitarbeiter sozial isoliert fühlen. Hier sind kreative Lösungen erforderlich. Im Allianz Inhouse Consulting halten wir dazu beispielsweise Freitag nachmittags eine Multi-Video-Konferenz ab, um uns alle mal wieder „zu sehen“ und das Wochenende einzuläuten. Eine neue Erfahrung, aber auch ein großer Spaß für alle Beteiligten.
Corona & Kreativität
Eine Krise bietet in der Regel immer einen guten Nährboden für kreative Lösungen „outside the box“, die auch nach der Krise noch Bestand haben können. Restaurants werden kurzerhand in Supermärkte umgewandelt, Geschäfte setzen auf neue Online-Vertriebskanäle, Museen und Fitnessstudios streamen virtuelle Rundgänge bzw. Kurse direkt ins Netz. Haben Sie ein schönes Beispiel des Sich-neu-Erfindens Ihres Unternehmens?
Gebe ich Ihnen gerne: Die Schulämter empfehlen ja, dass Schulkinder auch an den unterrichtsfreien Tagen eine Struktur im „neuen“ Alltag benötigen. Junge Eltern aus der Allianz Belegschaft nutzen dazu die aus dem agilen Arbeiten im Job erlernten und bewährten Methoden auch zu Hause. So werden bspw. Wochenpläne für die Familie mit Post-it`s als Kanban-Board an die Küchentür geklebt.
Insider-Tipp von Kai Rotermund, Partner im Allianz Inhouse Consulting: "Die Umstände derzeit sind nicht schön. Aber sie sind, wie sie sind. Und sie sind für alle gleich. Überlegen Sie sich also, wie sie sich auch in dieser Situation aus der Masse der Bewerber positiv hervorheben können… Und bitte bleiben Sie gesund - schützen Sie sich und helfen Sie dadurch, andere zu beschützen."