Jan Veira berichtet von seinen Erfahrungen in der weltgrößten Unternehmensberatung McKinsey, vom steinigen Weg zum richtigen MBA-Programm und wie es ist, nach Jahren als Berater wieder Student zu sein.
“Mal was ganz anderes ausprobieren” – das war der Grund, den ich meinen Freunden nannte, als sie mich fragten, warum ich als Physiker ein Praktikum bei McKinsey absolviere. Dass ich fünf Jahre später als MBA-Student in Berkeley sitzen würde, hätte ich damals nicht für möglich gehalten. Die ersten beiden Jahre waren geprägt durch meine Arbeit als Berater. Parallel bereitete ich meinen Educational Leave vor, den McKinsey seinen Fellows anbietet, um einen MBA zu machen oder zu promovieren. Zugegeben – es war ein zeitaufwendiger und manchmal mühsamer Prozess, aber gelohnt hat es sich.
Als Physiker in die Beratung
Als ich 2005 mein Praktikum bei McKinsey antrat, stand ich kurz vor Ende meines Physik-Diplomstudiums. Für mich war es erst mal nur ein Test, denn meine Wirtschaftskenntnisse waren recht beschränkt und ich wollte wissen, ob der Beraterberuf überhaupt zu mir passt. Um das herauszufinden, ist ein Praktikum wirklich ideal. Womit ich nicht gerechnet habe: Ich konnte Klienten tatsächlich nützlich sein, indem ich “einfach” meine im Physikstudium erworbenen analytischen Fähigkeiten auf ein neues Problemfeld anwandte. So angespornt, startete ich im Sommer 2007 als Fellow im Berliner Büro von McKinsey. Die Möglichkeit zum Educational Leave nach zwei Jahren spielte dabei schon eine wichtige Rolle. Wenn dir dein Arbeitgeber die Chance gibt, eine Topausbildung zu absolvieren und anschließend in den Job zurückzukehren – wer würde da nicht zugreifen?
Countdown zum MBA-Leave: Früh anfangen zahlt sich aus
Bis zu drei Jahre gibt McKinsey seinen Fellows Zeit, um ein MBA- oder Promotionsstudium abzuschließen. Im ersten Jahr läuft das Gehalt weiter, die weiteren musst du selbst finanzieren. Beim MBA zahlt die Firma darüber hinaus noch einen Teil der oft happigen Studiengebühren. Mir war früh klar, dass ein MBA für mich die beste Wahl ist, um mein Wissen sinnvoll zu ergänzen. Ich kann allen nur raten: Fangt früh mit der Vorbereitung an, denn die hat es in sich. Insbesondere der für eine Top-Schule nötige hohe GMAT Score und die diversen Bewerbungsaufsätze benötigen viel Zeit. Am aufwendigsten aber war die Auswahl des MBA-Programms, das mit meinen Zielen am besten übereinstimmte. Zahllose Infoveranstaltungen habe ich besucht, um das passende herauszufiltern. Wertvolle Unterstützung aber bekam ich dabei von all den McKinsey-Kollegen die sich gerade im Educational Leave befanden oder ihren MBA bereits gemacht hatten. Ihre Erfahrungen halfen mir, die richtige Uni zu finden. Technologie, Innovation und Entrepreneurship interessierten mich am meisten, deshalb entschied ich mich für das MBA-Programm der University of California, Berkeley. Und nach über einem Jahr an Sondierung, Vorbereitung und Bewerbung bekam ich im April 2009 endlich die Zusage für meinen Wunsch-MBA.
Studienverlauf
Ein seltsames Gefühl war es schon, nach zwei Jahren Consulting auf einmal wieder die Schulbank zu drücken. Doch die ersten zehn Monate in Berkeley waren eine tolle Erfahrung. In meinen Wahlfächern beschäftigte ich mich mit Themen aus der Solar- und Halbeiterindustrie – ganz ähnlich zu dem, was ich schon als Berater gemacht habe. Wie wichtig meine Zeit bei McKinsey war, wurde mir im Laufe des MBA-Studiums klar. Die Arbeit mit Topmanagern und die Breite der Beratungsthemen haben mir einen Erfahrungsschatz gegeben, der sich jetzt bei den MBA-Diskursen als ungemein wertvoll erweist.
McKinsey ist natürlich auch in Berkeley nicht aus der Welt für mich. Ich halte regelmäßig Kontakt zu meinen Kollegen – viele sind inzwischen zu Freunden geworden. Als Mentor im Rahmen des Capstone-Programms unterstütze ich außerdem das McKinsey-Recruiting. Und dann lasse ich es mir nicht nehmen, in den Semesterferien über den großen Teich nach Berlin zu fliegen, um an unseren jährlichen Veranstaltungen (z. B. Values Day, Sommerfest) teilzunehmen.
Ich freue mich darauf, ein weiteres Jahr in Kalifornien zu sein, mehr zu lernen und mich vom nahe gelegenen Silicon Valley inspirieren zu lassen. Gleichzeitig freue ich mich aber auch schon darauf, ab Juni 2011 wieder an spannenden Themen für Klienten zu arbeiten.
Meine Bilanz nach fünf Jahren: Die Entscheidung, nach dem Erststudium in die Beratung zu gehen, dort breit gefächerte Erfahrungen zu sammeln und dann im Educational Leave einen Zweitabschluss aufzusatteln, war goldrichtig für mich. Ich kann diesen Weg jedem, der vor der gleichen Entscheidung steht, nur empfehlen.