Die Bedeutung aktivistischer Investoren wächst rasant. Auch leistungsstarke Unternehmen geraten immer öfter in ihr Visier. Bain hat 400 solcher Engagements untersucht und die Herausforderungen für börsennotierte Firmen analysiert.
Seit einigen Jahren mehren sich die Schlagzeilen über aktivistische Aktionäre. Weltweit ist diese vergleichsweise junge Investorengattung auf dem Vormarsch. Inzwischen verwalten sie knapp acht Prozent des weltweit in Hedgefonds angelegten Kapitals, das sich derzeit auf nahezu drei Billionen US-Dollar beläuft. Aktivisten schaffen häufig Wert für Aktionäre, können dabei aber auch große Unruhe und hohe Kosten verursachen. Viel zu wenige Unternehmen sind auf mögliche Attacken vorbereitet. Auch in Deutschland haben aktivistische Investoren bereits einige DAX-Konzerne ins Visier genommen.
Bain hat mehr als 400 dieser Engagements untersucht und die Herausforderungen für börsennotierte Firmen analysiert. So stieg die Zahl der Attacken seit der Jahrtausendwende um durchschnittlich 34 Prozent pro Jahr. Mit wachsenden Ressourcen engagieren sich die Fonds bei immer größeren und profitablen Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung. Selbst Apple musste sich schon mit Aktivisten auseinandersetzen. Das Unternehmen reagierte mit einem Aktienrückkauf.
Aktivisten agieren nur bedingt feindlich
Das Beispiel Apple widerlegt die gängige Meinung, dass sich aktivistische Investoren vor allem für angeschlagene Unternehmen interessieren. Auch ihr Vorgehen unterscheidet sich vom landläufigen Bild. Im letzten Jahr waren nur 40 Prozent der Engagements feindlich. Simple Abwehrreflexe bringen hier nichts. Börsennotierte Unternehmen sind gut beraten, sich intensiv mit dem Vorgehen der Aktivisten zu beschäftigen.
In den Augen der Anleger spricht vor allem ein Faktor für aktivistische Investoren: Ihr Engagement steigert die Aktienrendite. Im Durchschnitt liegt sie im ersten Jahr 1,5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Branchenindex und auch drei Jahre später ist die Rendite immer noch besser entwickelt. Die Forderungen der Aktivisten können aber auch dem Ziel dienen, kurzfristig die Profitabilität zu steigern und konterkarieren damit dielangfristige Unternehmensstrategie.
Mit einer guten Vorbereitung könnten Unternehmen sich deutlich besser auf das Engagement aktivistischer Investoren einstellen. Wichtig ist vor allem, die Investmentthese der neuen Aktionäre zu kennen. Das kann eine stärkere Beteiligung der Aktionäre am Unternehmenserfolg sein, ein strategischer Kurswechsel, das Heben von Effizienzpotenzialen und M&A-Aktivitäten bis hin zu einer Zerschlagung sowie die Vorstandsvergütung und Corporate Governance. In mehr als 75 Prozent wird der Austausch von hochrangigen Führungskräften gefordert. Die Mehrzahl der aktivistischen Investoren entwickelt eine detaillierte Agenda, um das Zielunternehmen zu verändern. Nur eine Minderheit beschränkt sich darauf, durch öffentlichen Druck das Management zu kurzfristigen Aktionen zu bewegen.
Ein Belastungstest für die Unternehmensstrategie
Mit diesem Wissen müssen Unternehmen ihre Anfälligkeit für aktivistische Investoren überprüfen. Erkennen sie dabei Schwächen, sollten sie schon aus Eigeninteresse zügig gegensteuern. Denn zum einen sind Aktivisten in der Lage, mit Forderungen nach einer leistungsgerechteren Vorstandsvergütung oder nach Sonderdividenden die Öffentlichkeit zu mobilisieren und auf Hauptversammlungen Mehrheiten zu gewinnen. Zum anderen kann eine geschärfte Strategie, ein bereinigtes Portfolio oder eine neue Ausschüttungspolitik auch die Bewertung am Kapitalmarkt erhöhen – und je geringer die Arbitrage-Möglichkeiten, desto geringer auch die Gefahr eines Engagements aktivistischer Investoren.
Wichtig dabei ist, sich mit den Anteilseignern und deren Interessen auseinanderzusetzen sowie eine hoch professionelle Kapitalmarktkommunikation. Gleichzeitig gilt es, konkrete Pläne in der Schublade zu haben, sollten Aktivisten auf den Plan treten. Damit wappnen sich Unternehmen für den Fall der Fälle, können ohne Zeitverzug den Dialog mit den Aktivisten aufnehmen und klären, ob und welche Forderungen berechtigt sind.
Viele Unternehmen hüllen sich in Schweigen oder verhalten sich defensiv. Statt so die Diskussion unnötig anzuheizen, sollten sie den Aktivisten vielmehr mit der gleichen Offenheit begegnen wie anderen Anteilseignern. Wenn die Pläne des Managements überzeugen, sind viele aktivistische Investoren auch zur Kooperation bereit. Denn vorrangig geht es ihnen um Wertsteigerung.
"Mit einer guten Vorbereitung könnten Unternehmen sich deutlich besser auf das Engagement aktivistischer Investoren einstellen. Wichtig ist vor allem, die Investmentthese der neuen Aktionäre zu kennen."
Dr. Wilhelm Schmundt, Partner bei Bain & Company