Trotz vielfältiger Gesundheits- und Fitnessangebote wird in den Industrienationen, zunehmend auch in Schwellenländern, ein gesunder Lebensstil mehr und mehr vernachlässigt. Wer heute in den USA zur Welt kommt, könnte wegen zunehmender Fettleibigkeit statistisch gesehen bis zu fünf Jahre früher sterben als die vorherigen Generationen. Die körperliche Aktivität der Chinesen hat binnen zwei Dekaden um fast 50 Prozent abgenommen. 19 Prozent aller Bürger Saudi Arabiens haben erhöhte Blutzuckerwerte, 40 Prozent aller Russen rauchen. Die Folgen sind fatal: 43 Prozent der Sterbefälle infolge nicht-übertragbarer Krankheiten betreffen mittlerweile Personen, die jünger sind als 70 Jahre. Internationale Organisationen, Regierungen weltweit und Unternehmen sind sich dieser Problematik zunehmend bewusst. Für Unternehmen gilt es daher, die Marktveränderungen rasch zu erkennen und sich bietende Chancen zu nutzen.
Die Initiative „Healthy Living“ des World Economic Forum hat in Zusammenarbeit mit der Managementberatung Bain & Company eine Charta für gesundes Leben und einen Bericht erarbeitet, der zum Ziel hat, Projekte anzustoßen und zu unterstützen, die dem Anstieg nicht- übertragbarer Krankheiten entgegenwirken und einen gesunden Lebensstil fördern.
Drei Handlungsschwerpunkte gehören auf die Agenda einer jeden Führungskraft
1. Wachstumschancen erkennen
Wachstumspotenzial gibt es bei Medikamenten und Technologien, die nicht- übertragbare Krankheiten diagnostizieren und therapieren helfen. Technologie- und Telekommunikationsunternehmen werden dank modernster Entwicklungen, wie Patientenüberwachungssystemen, auch eine Rolle dabei spielen, dem geänderten Lebensstil geschuldete Krankheitsbilder zu managen. Vom Trend zu gesundem Leben profitieren zunächst sicherlich die Anbieter von Wellnessangeboten, Sportartikeln und Stressmanagementprogrammen.
In der Lebensmittel- und Getränkeindustrie, dem Einzelhandel und der Gastronomie gibt es ein großes Bedürfnis nach gesunden und dennoch einfachen und schnellen Gerichten über die komplette Preisschiene, von teuer bis billig. So hat das US-amerikanische Unternehmen General Mills seit dem Jahr 2005 für 70 Prozent seines Handelsvolumens die Gesundheitsrelevanz seiner Produkte erhöht – teils durch Vollkornbeigaben, teils durch die Reduktion von Zucker und Salz.
Bei den Healthcare-Dienstleistungen liegen Wachstumschancen in besseren Versicherungsangeboten, privaten Gesunderhaltungs-Einrichtungen oder umfassenden Gesundheitsinformations- und Management-Diensten. Krankenkassen müssen Gesundheit aktiv erhalten und managen. So führte die südafrikanische Health Insurance Group Discovery mit „Vitality“ ein erfolgreiches Versicherungsprodukt ein, das Versicherte für einen gesunden Lebensstil in Form von Reise-, Einkaufs- und Lifestyle-Prämien belohnt.
2. Veränderungen im Markt und in der Wertschöpfungskette identifizieren
Dänemark hat im Jahr 2011 als erste Nation eine Fettsteuer eingeführt, nur, um sie ein Jahr später wieder aufzugeben, weil die erwünschten Verhaltensänderungen der Bürger nicht erreicht worden sind. Dennoch werden in Zukunft vermehrt Rahmenbedingungen gesetzt, um gesündere Produkte und Services zu fördern. Insbesondere Lebensmittelproduzenten sollten sich auf Regulierungen einstellen, die ihre Wertschöpfungskette beeinflussen. Auch im positiven Sinne: Beispielsweise könnte ein Unternehmen sich mit einem breiten Angebot um eine Krankheit spezialisieren, so wie Fresenius das für Nierenerkrankungen bereitsvorgeführt hat.
3. Die Marke pflegen
Maßnahmen zur Gesundheitsförderung werden zum integralen Teil der Markenpflege. Nicht ohne Grund startete der Sportartikelhersteller Nike eine „Designed To Move“ Kampagne oder der Lebensmittelproduzent Nestlé ein „Healthy Kids“ Programm.Seit dem Jahr 2005 hat die Zahl der Betriebe, die als „Best Employers for Healthy Lifestyles“ ausgezeichnet wurden, um 200 Prozent zugenommen. Zwei Drittel der Unternehmen mit Programmen zur Steigerung von Gesundheit und Produktivität der Belegschaft sind der Überzeugung, dass sie erfolgreicher sind als ihre Wettbewerber. Generell lässt sich beobachten, dass Fitnessinitiativen für die Mitarbeiter und ein entsprechendes Image als gesundheitsbewusster Arbeitgeber den Krankenstand und die Personalfluktuation reduzieren, sowie die Mitarbeiterzufriedenheit und die Attraktivität des Arbeitgebers erhöhen.
Das „Healthy Living“-Feld bietet viel Raum für Investitionen, von denen Unternehmen, Mitarbeiter und Gesellschaft gleichermaßen profitieren können. Wenn Unternehmen ihre Strategie auch auf den Bereich der Gesunderhaltung ausrichten, können sie Wachstumschancen nutzen, Marktveränderungen frühzeitig erkennen und gleichzeitig einen Beitrag zur Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens leisten.