Disruption im Management Consulting ist nichts Neues. Aber mittlerweile lassen sich disruptive Kräfte auch in zahlreichen großen Beratungsunternehmen finden. squeaker.net klärt auf, welche Einstiegsmöglichkeiten es bei den Disruptors gibt.
Management Consulting hat immer von disruptiven Kräften profitiert. Jetzt klopfen die Disruptors selbst an die Türen von McKinsey, Roland Berger, EY & Co. Aber die Branche wächst. Viel Wind um nichts? Wir untersuchen für euch die vier großen Consulting-Wertbeiträge auf Schwachstellen und werfen einen Blick auf das Störpotential der Disruption. Ihr wollt selbst disrupten? On top: die Einstiegsmöglichkeiten bei den Disruptors.
Wird das eigene Geschäftsmodell zum Bumerang?
Strukturwandel war immer die Voraussetzung für das Geschäftsmodell des Management Consultings. Denn, wer nicht disrupted, wird selbst disrupted. Aber gilt das auch für die Consultants selbst? Scheinbar unantastbar sitzen die Big Player mit jährlich steigenden Umsätzen sicher im Sattel – unter anderem dank Prestige, Marken- und Netzwerkbildung. Sicheres Zaumzeug, um bisher Herausforderungen wie der Digitalisierung und hungrigen Start-ups zu bestehen. Jedoch nicht mehr lange, ist sich Clayton Christensen, Harvard-Professor und ehemaliger Strategieberater, sicher:
“We’re still early in the story of consulting’s disruption … More likely than not, alarms won’t sound until it’s already too late in the game.”
Denn das jahrzehntealte Modell der Strategieberatung bietet dieselben theoretischen Angriffsflächen für disruptive Kräfte:
- Eine geringe Anzahl von Big Playern
- Ein verhältnismäßig überholtes Geschäftsmodell
- Eine langsame Anpassung an neue Technologien
Doch was steckt tatsächlich hinter der Theorie? Wir prüfen für euch die klassischen Consulting-Wertbeiträge Information – Expertise – Insights – Umsetzung auf disruptive Schwachstellen.
Information
Das Einmaleins des Consultings: Im Idealfall erhält der Kunde nach einer Datenanalyse aufschlussreiche Daten, die die Welt, seine Industrie und seine Marktposition punktgenau erfassen. Sehr smart! Denn die Antwort auf die Frage an den Kunden nach Details zu einzelnen Geschäftsbereichen und ihrer Profitabilität lautete meistens „Nein“. Die Antwort auf Beratungsbedarf folgerichtig „Ja“.
Disruption-Potential: Data-Analytics-Start-ups?
Der fulminante Aufstieg von Marktforschungsunternehmen und Business-Analyse-Tools bietet Unternehmen längst die Möglichkeit, wertvolle Unternehmensinformationen selbst zu erhalten, zu filtern und auszuwerten. Daten und Marktforschung sind zugänglicher als jemals zuvor. Mit Tools wie Looker, Tableau, Qlik, SAS und Domo können auch Nicht-Data-Scientist Dashboards zum Customer Lifetime Value, Conversionraten und Anzeigenausrichtung erstellen.
Aber – und hier kommt wieder die Expertise der internen Data Scientist der Consultingfirmen wie z.B. „BCG Gamma“ oder McKinseys Akquisition von QuantumBlack, einer Analytics Boutique für die Formel 1, ins Spiel: die Informationen müssen in ihrer Komplexität auch verstanden und angewandt werden. Hier kann das Management Consulting seine Full-Service-Kompetenz ausspielen. Aber Obacht! Die Tür für kleine hungrige Data-Analytics-Start-ups im Business-Intelligence-Bereich ist längst geöffnet.
Dein Einstieg als Disruptor
Du liebst nichts mehr als Data-Mining, bringst Technologiekompetenz für drei mit und siehst deine Zukunft als techologieaffiner Data-Scientist? Glückwunsch! Ohne dich sind ab sofort nicht nur die klassischen Beratungen hilflos, sondern auch die Data-Analytics-Start-ups wie Framed Data und KI Group und große Namen wie Deloitte, IBM und SAP.
Expertise: Der Generalistenvorwurf
Consultingfirmen bestehen längst aus einem breiten Expertennetzwerk für maßgeschneiderte Lösungen. Der Trend der Spezialisierung hat bei PwC, A.T. Kearney & Co. in den 1980er Jahren begonnen und sie zu wissenszentrierten Anlaufstationen für Industrieforschung, Unternehmensentwicklung und Finanzwesen werden lassen. Auf squeaker.net findest du Karrieremöglichkeiten bei den Spezialberatungen Andersch und Struktur Management Partner (Turnaround), Inverto (Einkauf), EY Innovalue (Finance), Porsche Consulting (Automotive), BearingPoint (IT-Consulting) sowie innogy Consulting und E.ON Inhouse Consulting (Energie).
Disruption-Potential: On-Demand-Branchenexperten?
Doch außerhalb dieser Bereiche wurde die Expertenfunktion der Strategieberatungen entflochten. On-Demand-Branchenexperten bieten Sofortberatung im Stundentarif – ganz ohne ein teures Full-Service-Paket. Experte für Supply Chain Management in Spanien gesucht? Der Weg zu solchen Experten führt heute zu Third Bridge, AlphaSights oder die Gerson Lehrman Group. Die Beliebtheit solcher Expertennetzwerke steigt: 2021 soll gemäß Integrity Research die 1 Billion-Dollar-Grenze geknackt werden. Die Ironie: Unternehmensberatungen gehören selbst zu den besten Kunden der On-Demand-Expertise.
Dein Einstieg als Disruptor
Zugegeben, der Weg vom Young Professional bis zum Experten ist steinig und lang. Zu den Experten der On-Demand-Netzwerke gehören hochkarätige Koryphäen wie der ehemalige US-amerikanische Botschafter in China, Jon Huntsman Jr. oder Pamela Thomas-Graham, Finanzexpertin aus dem Credit Suisse Management. Hast du dir im Laufe deines Berufsleben echtes Insiderwissen angeeignet, versuche den Einstieg als gefragter On-Demand-Experte über die Netzwerke von Third Bridge, AlphaSights oder die Gerson Lehrman Group.
Insights
Nach der Datenanalyse, gespickt mit Expertise folgt die Portfolio Analyse durch smarte Frameworks. Allen voran – und ihr kennt sie alle – die BCG Matrix. Sie wandelt bei kluger Anwendung Roh-Daten in echten Erkenntnisgewinn und führt zu Handlungsempfehlungen, die den Kunden wieder wettbewerbsfähig machen. Kurzum: Sie ist sowas wie der Heilige Gral des Consultings, die Cash Cow, der Goldesel.
Disruption-Potential: MBAs, Ex-Berater, Inhouse-Beratungen?
Es ist nun nicht so, als wären die BCG-Matrix oder andere Frameworks Bestandteil einer Geheimhaltungsklausel und dürften nach dem Ausstieg aus dem Unternehmen nicht weiter benutzt werden. Die Frameworks werden in MBA Klassen, Sachbüchern und Karrierenetzwerken – ja, auch wir bei squeaker.net bekennen uns dazu – zunehmend veröffentlicht. Hinzu kommt: Ex-Berater, MBA Studenten und auch die Unternehmen selbst wissen, wie man sie anwendet – gerne in einer Inhouse-Beratung. Ihr seht, auch in Puncto Insights besteht gewaltige Disruptionsgefahr.
Insider-Tipp
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Dein Einstieg als Disruptor
Nun ist es kein großes Geheimnis mehr, aber dein Einstieg über die Insights führt über ein klassisches MBA Studium oder als Ex-Berater in die Selbstständigkeit oder zu einer Inhouse-Beratung wie tkMC, Siemens Advanta Consulting, innogy Consulting oder Mercedes-Benz Management Consulting. Hier könnt ihr mit eurem Framework-Wissen selbst zu Disruptors werden.
Die Umsetzung
Fest steht: On-Demand-Expertise, Business-Analytics-Tools, MBAs und EX-Berater disrupten die Branche. Doch was bleibt ist die Ausführungsexpertise – die stärkste Antwort an die Disruptors.
McKinsey hat das Potential erkannt und mit McKinsey Solutions eine Suite von Analysesoftwareprodukten eingeführt, die die Strategiearbeit reduziert und die Seite der Umsetzung deutlich stärkt. Das Modell von Solutions unterstützt die Unternehmen eigene Einsichten zu gewinnen, Daten zu betrachten und eigene Hypothesen zu bilden. Im nächsten Schritt unterstützt McKinsey die betreuten Unternehmen bei der Umsetzung der gewonnen Erkenntnisse.
Disruption-Potential: Beraternetzwerke & Boutique Beratungen
Zu den disruptiven Kräften, die gezielt an diesem Consulting-Wertbeitrag ansetzen, gehören unabhängige Berater-Netzwerke wie Comatch, Eden McCallum, interim-x.com und Business Talent Group (BTG). Sie bringen ehemalige Berater und strategisch geschulte Betreiber zusammen, um Lean-Teams für Kundenprojekte aufzustellen. Wie gefährlich können diese Berater-Netzwerke den großen Namen wie Bain & Deloitte werden? Der Weg dieser Disruptors führt nicht über das Standing der Big Player, sondern über den nicht gesperrten Zugang zu den kleineren Unternehmen, die bei den großen Beratungsunternehmen „unter den Tisch fallen“. Hier besteht für Comatch, BTG und Eden McCallum durch Nischenhilfe und Routineprojekte die Möglichkeit, eine starke Kundenbasis unterhalb der Big Player aufzubauen.
Dein Einstieg als Disruptor
Du kannst dir neben den klassischen Stratgieberatungen auch einen Einstieg bei den Hidden Champions und Spezialisten wie Boutique Beratungen und Berater-Netzwerken vorstellen? Willkommen bei Start-ups der Branche: Comatch, Eden McCallum und die Business Talent Groups suchen nach smarten Young Professionals wie dir, die jenseits der Big Player voll und ganz auf Disruption setzen.
Insider-Tipp: Bewerberfrage für dein Job-Interview
Alle Beratungen – auch die Big Player – müssen beweisen, dass sie gebraucht werden. Denn mit jedem Tag betreten neue Ex-Berater und On-Demand-Experten den Markt, lernen Berater-Netzwerke neue Skills und kommen neue Insights-Tools dazu, die sich direkt aufs Smartphone laden lassen. Kurzum: die Disruption im Consulting ist im vollen Gange. Auf einem squeaker.net-Event hat ein Recruiter eine Bewerberfrage verraten, die ihm in jüngster Zeit gestellt wurde und zum Nachdenken gebracht hat: “Welche Rolle haben zukünftig Strategieberater, wenn sie im gleichen Hause auch Implementierungsleistungen und digitale Services, wie zum Beispiel Data Analytics, anbieten? Werden sie zu einer Art Super Salesforce und Koordinationsstelle, die einen komplexen Blumenstrauß an Fachexperten und Diensten für den Kunden bündeln?”. Der Bewerber punktete mit dieser Frage, da er sein Verständnis über den Wandel in der Beratungsbranche glaubhaft demonstrierte. Wir sehen, dass sich viele große Beratungen durch Akquisitionen und den Aufbau neuer Services auf einen Umbruch in ihrer Industrie wappnen die Disruptionsgefahr in eine neue Chance wandeln.