Nadine Modat, Senior Managerin bei Andersch
Als wir bei Andersch 2012 in einem kleinen Team von rund 15 Mitarbeitern anfingen, eine eigene Restrukturierungsberatung aufzubauen, war dies für uns alle ein „Abenteuer“. Tammo Andersch und Mirko Liebthal hatten die Idee und die meisten von uns kannten sich aus unserer gemeinsamen Zeit bei KPMG, wo unser Namensgeber die Restrukturierungssparte über viele Jahre aufgebaut und geleitet hatte. Im Gegensatz zu heute hatten wir damals noch kein eigenes Recruiting-Team und so mussten die Berater auch unmittelbar unterstützen, neue Mitarbeiter zu finden und zu überzeugen. In dieser Zeit habe ich viele Interviews geführt und in den Gesprächen mit Kandidaten eine Sache festgestellt, die noch heute gilt: Das öffentliche Bild der Sanierungsberater ist eines, das oft nur wenig gemein hat mit dem, was unsere Arbeit tatsächlich ausmacht. Deshalb würde ich gerne erklären, wie und vor allem für welche Ziele wir uns engagieren und was uns dabei antreibt.
Was ist eigentlich Restrukturierungsberatung, wie kommen wir zu Aufträgen und welche Herausforderungen stellen sich uns dabei?
In der Regel merkt ein Unternehmen oder seine Investoren, dass es in Schieflage gerät – dies ist der Ausgangspunkt. Zu diesem Zeitpunkt kann es sein, dass in Bälde fällige Tilgungsraten bei Kapitalgebern drohen, nicht geleistet werden zu können, sodass bei Banken oder anderen Finanzierern die Alarmglocken klingeln. Wenn ein Unternehmen sich in dieser Situation befindet, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um eine drohende Insolvenz zu verhindern.
Der Impuls, uns zu beauftragen, kommt dabei häufig von Seiten der Kapitalgeber, die vor der Frage stehen, ob sie weiteres Geld in das Unternehmen investieren sollen beziehungsweise, ob sie ihr bereits investiertes Kapital in absehbarer Zeit zurückerhalten. Die zentrale Frage dabei ist, ob das sich in Schwierigkeiten befindliche Unternehmen grundsätzlich saniert werden kann, das heißt, ob die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit erlangt werden kann und welche Maßnahmen dafür ergriffen werden müssen.
An diesem Punkt kommen wir ins Spiel. Beauftragt vom Unternehmen, analysieren wir die Ausgangssituation. Dabei finden wir heraus, was ursächlich für die Krise ist, in welchem Krisenstadium das Unternehmen sich befindet und vor allem, welche Möglichkeiten es gibt, den Turn-Around einzuleiten.
Eine meiner Aufgaben in dieser Phase besteht darin, sehr tief in die Zahlen des Unternehmens einzusteigen, unzureichende Rentabilitäten zu identifizieren und über Modellrechnungen verschiedene, mögliche Szenarien für die Zukunft durchzuspielen. Andere Kollegen analysieren parallel die wesentlichen (Produktions-)Prozesse, beschäftigen sich mit dem Markt- und Wettbewerbsumfeld und analysieren auch die Managemententscheidungen der Geschäftsführung.
Die Ergebnisse dieser von unserem Team erbrachten Analyse fließen in ein sogenanntes Sanierungsgutachten ein, welches Chancen und Risiken des Vorhabens benennt und den Weg nach vorne zur Erlangung einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit aufzeigt. In diesem Stadium sind wir meistens auch in die Verhandlungen involviert, in denen es darum geht, wie die notwendige Finanzierung gestemmt werden kann. Sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalgeber und teilweise auch Warenkreditversicherer, Lieferanten und Kunden sind gefordert, ihren Beitrag zu leisten. Danach folgt die konkrete Umsetzung, die wir mit einem eigenen Team tatkräftig unterstützen.
Die Maßnahmen, die notwendig sind, um ein Unternehmen am Leben zu erhalten, sind vielfältiger Natur. Manchmal produziert das Unternehmen zu teuer, manchmal sind einzelne Geschäftsbereiche oder Produkte / Dienstleistungen nicht mehr tragfähig und manchmal haben Firmen auch Trends in den Märkten einfach verschlafen. Gerade im Zeitalter der digitalen Transformation entwickeln sich diese oft rasanter als früher und Unternehmen sind auf diesen Wandel nicht vorbereitet.
Als Senior Managerin bin ich für das komplette Sanierungsgutachten verantwortlich – auch für die Teile, die von den Mitgliedern meines Teams erarbeitet worden sind. Deshalb ist es wichtig für mich, in einem Team zu arbeiten, auf das ich mich zu einhundert Prozent verlassen kann. Und genau solche Kollegen haben wir bei Andersch!
Ich weiß, dass sich dies für den einen oder anderen Leser nach den Plattitüden des Employer Brandings anhört, weil vermutlich jede Beratung die eigenen Mitarbeiter als wichtigstes Argument dafür benennen wird, sich gerade bei ihnen zu bewerben. Wie soll ein möglicher Bewerber da Unterscheidungsmerkmale identifizieren?
Ich möchte an dieser Stelle deshalb noch einmal auf den Gründungszeitraum unseres Unternehmens zurückkommen. Denn ich bin überzeugt davon, dass das Abenteuer, auf das wir uns vor etwas mehr als sieben Jahren eingelassen haben, die DNA unseres Unternehmens noch immer bestimmt!
Ein Start-up hat keine Zeit und Notwendigkeit, sich ausufernd mit Hierarchieebenen zu beschäftigen. Hands-on-Mentalität, kurze interne Kommunikationswege und ganz viel Vertrauen sind da wichtiger. Diese Kultur hat die Andersch AG bis heute beibehalten und damit auch über die vergangenen Jahre genau solche KandidatenInnen angesprochen und gewinnen können, die gespürt haben, was unser Unternehmen so besonders macht. Ich bin überzeugt davon, dass dadurch genau jene Charaktere gewonnen worden sind, die heute unser besonderes Team aus mittlerweile über 100 Kollegen ausmachen.
Das Vertrauen, dass sich MitarbeiterInnen bei Andersch erarbeiten können, zeigt sich für mich selbst auch ganz praktisch: Nach der Geburt meines Sohnes arbeite ich nach der Rückkehr aus der Elternzeit in einer 60 Prozent-Teilzeit. Ich genieße das volle Vertrauen der Partner, welches mir eine hohe Flexibilität in der Organisation meiner Arbeit ermöglicht.
Zurück zur Ausgangsfrage meines Erfahrungsberichtes: Was motiviert mich und meine KollegInnen bei unserer Arbeit? Auf der einen Seite ist es ein wunderbares Ziel, Unternehmen und die damit verbundenen Arbeitsplätze und Werte zu retten. Wir gehen immer mit sehr viel Respekt in die Unternehmen hinein; eine Art „Retter-Attitüde” ist uns dabei vollkommen fremd, weil wir schon zu oft erlebt haben, wie Unternehmen unverschuldet in Krisen geraten sind.
Ich möchte unsere Arbeit nicht überhöhen, aber vielleicht ist unser Antrieb dem eines Arztes im metaphorischen Sinne nicht ganz unähnlich: Auch wir wollen, dass die Unternehmen gesunden und prosperieren. Denn an Unternehmen, die insolvent gehen, hängen oft auch menschliche Schicksale. Diese nicht eintreten zu lassen, sondern mit unserem ganzen Einsatz an dem Turn-Around zu arbeiten, setzt auch Kräfte frei, die man bei einem Projekt mit weniger existenzieller Tragweite möglicherweise nicht freisetzen würde.
Auf der anderen Seite ist die Restrukturierungsberatung ein Feld, die einen wie kein anderes in allen Bereichen der Unternehmensführung weiterbildet: Wer alle Parameter für Erfolg und Misserfolg unter die Lupe nehmen muss, erwirbt enorm viel Know-how. Dieser Zugewinn an Kompetenzen kommt einem Berater bei Andersch persönlich sehr zu Gute. Deshalb rate ich Absolventinnen und Absolventen mit Berufswunsch „Beratung”, sich mit der Restrukturierung zu beschäftigen – und als Arbeitgeber natürlich ganz besonders mit Andersch.
Denn neben der beschriebenen Unternehmenskultur und der generalistischen Ausbildung im training on the job ist es uns besonders wichtig, mehr als das branchenübliche in die Aus- und Weiterbildung der MitarbeiterInnen zu investieren: Jeder unserer Kolleginnen und Kollegen wird individuell gefördert und gefordert. Was darf man sich genau darunter vorstellen?
Wir unterstützen nicht nur zeitlich, sondern auch finanziell postgraduale Zusatzqualifikationen wie zum Beispiel LL.M., MBA, Promotionen oder Berufsexamina und bieten zudem gezielt fachliche Schulungen und Coachings an. Ziel dabei ist, das fortlaufende Lernen zu fördern und die persönliche Entwicklung zur unternehmerisch agierenden Führungspersönlichkeit zu unterstützen.
Ein konkretes Beispiel dazu: An drei Wochen im Jahr finden die sogenannten Andersch-Academys statt. Einmal im Jahr finden diese sehr lehrreichen Workshops im Ausland statt – was viel Spaß macht, weil es uns neuen fachlichen Input und gemeinsame Erlebnisse bringt. Dabei ist bei allem immer gut zu wissen, dass die persönliche Weiterbildung auch einem sinnstiftenden Ziel dient: Dem, Unternehmen zum Wohle vieler zu retten.