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Es kommt auf die richtige Mischung an: Modesty & Boldness

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08.11.2024
Köln
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Im Gespräch mit Steffen Elsaesser, CEO von Capgemini Invent Deutschland.

Im Jahr 2018 entstand aus Capgemini Consulting und Teilen von Capgemini, die sich mit Innovation, Digitalisierung und Transformation befasst haben, die neue Einheit „Capgemini Invent“ mit weltweit insgesamt über 10.000 Mitarbeiter:innen. Mit diesem Schritt übernahm auch Steffen Elsaesser als CEO die Verantwortung.

Steffen, was für ein Team hat sich bei Capgemini Invent nach rund drei Jahren geformt?

Spannend ist ja, dass es von außen, wie eine Integration aussieht. Es war aber keine Integration, sondern für uns aus interner Sicht eine logische Weiterentwicklung, die damals 2018 durch die zweite und dritte Welle der Digitalisierung getrieben war. Zu Anfang hat sich jede Beratung mit den Themen digitale Transformation und Innovation beschäftigt. Man ist dann langsam warm geworden und hat festgestellt, dass dies wirklich eine Gelegenheit ist, sich als Beratung positiv für die Kunden einbringen zu können. Wir haben die Art und Weise, wie wir agieren, welche Fähigkeiten wir brauchen und wie wir zusammenarbeiten wollen, auf den Prüfstand gestellt – trotz des Erfolgs, den wir zuvor schon hatten.

Dadurch ist Capgemini Invent erst entstanden. Es war kein bloßes Rebranding, sondern es ging wirklich ans Eingemachte: Wir haben ein neues Operating Model eingeführt. Wir haben gesagt, dass es sich in unserer Akquisitionsstrategie und auch in unserem „way of working“ widerspiegeln muss. Dass Beratung schon immer etwas mit Kreativität zu tun hatte ist klar, aber Impulse von einer Fahrenheit 212, von einer Idean oder Adaptive Lab in UK [Anmerkung: Alle waren zuvor von Capgemini akquiriert worden] zu bekommen, das war natürlich schon etwas Besonderes. Letztendlich sieht man jetzt auch im Projektportfolio, im Feedback der Kunden, dass das genau die richtige Entscheidung war.

Was sind bislang deine persönlichen Lehren aus der Zeit als CEO?

Zum einen ist die Frage, wie man ein stark wachsendes Geschäft kommerziell und nachhaltig managt, und zweitens dann die Frage, wie sich das in der Kultur widerspiegelt und wie man Werte vorleben kann. Ein Schlüssel unseres Erfolges war sicherlich der Fokus auf ausgewählte Industriesegmente und Kunden. Von außen betrachtet mag unser Portfolio wie ein Süßigkeitenladen aussehen, in dem ein buntes Angebot im Regal liegt – dem ist aber nicht so. Stattdessen steckt da ein hoher Aufwand unseres Teams hinter, ein marktgerichtetes Portfolio mit maximal 15 Themen zu einem Lösungsangebot zu bündeln. Diese 15 Themen befinden sich an der Schnittstelle zwischen den Industrien und den Capabilities. Alles andere kann man als eine Art Hobby zulassen, es hat aber keine Relevanz, es bekommt kein Budget und keine Marketing-Aufmerksamkeit. Es ist also eine Mischung daraus, Freiheiten zuzulassen, aber koordiniert und dann auch klar gesteuert durch einen dedizierten Portfoliomanager zu agieren. Einen solchen Portfoliomanager hatten wir in dieser Form früher noch nicht.

Was sagst du zum Stichwort „Diversity“ in der Beratung?

Es ist wichtig, das Thema Diversity in der Organisation über konkrete Köpfe sichtbar zu machen und auch jungen Talenten eine Plattform zu geben, indem man ihnen beispielsweise frühzeitig Teamverantwortung von über 100 Kollegen:innen anvertraut. Wenn du dir unsere Struktur anschaust, dann findest du beispielsweise in den drei Capability Units, denen insgesamt 1000 Berater:innen zugeordnet sind, dass zwei von drei Führungskräften weiblich sind. Ganz nebenbei kann man auch sehen, dass viele dieser Teams deutlich bessere KPIs und Zufriedenheitswerte aufweisen. Darüber hinaus sehen wir in unserer Organisation, dass mehr als die Hälfte unserer Mitarbeiter:innen jünger als 40 Jahre alt sind. Ich falle bei diesem Raster zwar heraus, aber ein paar Altersweisheiten braucht es im Zweifel doch noch 😉

Wie werden für Capgemini Invent die nächsten fünf bis zehn Jahre aussehen? 

Also, das letzte Jahr hat natürlich schon spürbar am Consulting-Geschäft gerüttelt. Wenn wir jetzt zurückschauen und uns ansehen, was das für ein Einschlag war und welche Adjustierung vollzogen wurde, dann ziehe ich insgesamt für uns ein Fazit, das die vielen persönlichen Schicksale nicht außer Acht lassend, positiv ist.

Zeitgleich denke ich, dass wir auch eine Flexibilisierung unserer Liefer- und Arbeitsmethoden sehen werden. Nicht zuletzt durch das Krisenjahr 2020 ergibt sich eine ganz andere Art, wie ich als Kunde Expertise einkaufe. Dies wird sich sicherlich auch in unserem Portfolio widerspiegeln. Und dies auch, weil es ein Bedarf ist, den viele Mitarbeiter:innen haben. Wir haben jetzt alle gelernt, wie Flexibilisierung in der Beratung erfolgen kann. Ich glaube schon, dass wir einen bestimmten Anteil an Mitarbeiter:innen haben werden, der weiter in diesem flexiblen Modus arbeiten möchte und der auch akzeptiert, dass man im Rahmen von ein paar Projekten unterstützen wird – es muss nicht immer die Arbeit an einem kompletten Gesamtprojekt sein. Und es wird sich auch die internationale Zusammenarbeit im Rahmen der Projekte anders gestalten. Es wird neue Formate geben, die sicherlich spannend sein werden.

Wie sieht Consulting aus, wenn wir uns ins Jahr 2030 beamen?

Spannende Frage, die du hier einem Überzeugungstäter stellst. Wenn jetzt niemand etwas dagegen hat, werde ich Beratung im Jahr 2030 noch machen. Und ich weiß auch, warum: Weil ich so viel Spaß daran haben werde, wie heute. Gleichzeitig ist mir bewusst, dass es anders sein wird. Wenn wir diese Beschleunigung, die wir in einem Jahr 2020 erlebt haben, und die ganzen positiven Learnings daraus mitnehmen und das mal nach vorne projizieren, dann wird es erheblich weitergehen. Also ich glaube, dass das, was wir unter dem Label Beratung machen, anders aussehen wird. Aber gegen gute und kompetente Ratschläge ist nie etwas einzuwenden. Es wird weiterhin Beratungen und Berater:innen geben sowie Kunden, die unseren Beitrag schätzen werden.

Was waren deine wichtigsten Learnings aus der 20-jährigen Karriere? 

Ich glaube, es geht vor allem darum, authentisch zu bleiben. Wenn man etwas verspricht, muss man auch genau wissen, was man verspricht. Und dann gibt es keine Alternative dazu, dieses Versprechen auch einzuhalten. Ich glaube schon, dass es auf die richtige Mischung unserer Werte Modesty und Boldness ankommt. Zunächst zwei, drei Mal nachdenken. Wissen, was du versprichst. Sich Gedanken machen, ob es das ist, was dein Gegenüber braucht. Dann einen guten Plan entwickeln, wie du es einhalten kannst. Dann lieferst du. Und ja, dann erst kannst du auch einmal herausgehen und der Welt erzählen: „Wir sind die Größten“. Das ist mir lieber, als erst einmal die Welt zu versprechen und es dann nicht einzuhalten.

Ich weiß nicht, wie diese Bodenständigkeit heutzutage räsoniert, aber ganz ehrlich – mir hat es bei meiner Karriere geholfen. Und das wäre auch wirklich ein Rat, den ich jedem geben würde, der bei uns anfängt und Karriere machen möchte. Vielleicht geht’s manchmal mit ein bisschen Schaumschlägerei schneller, aber definitiv nicht besser und nachhaltiger.

Steffen Elsaesser ist seit mehr als 20 Jahren bei Capgemini beschäftigt und jetzt CEO von Capgemini Invent Deutschland. Vor der Berufung zum CEO war er für die Customer Engagement Unit bei Capgemini Invent global verantwortlich. Steffen hat eine Leidenschaft für die Kreation neuartiger Produkte und Services, die Unternehmen und Märkte durch ein innovatives und differenzierendes Kundenerlebnis nachhaltig verändern.

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