Young Professional Sebastian Grosse berichtet von seinem Job als Wirtschaftsprüfer bei PricewaterhouseCoopers und dem anschließenden Wechsel in die Finance-Branche. Hol dir Anregungen für deinen Einstieg in die WP-Branche.
Nach dem Studium hast du zunächst Erfahrungen im Bankwesen und in der Prüfung gesammelt. Wieso hast du dich anschließend für PwC entschieden?
Bei PricewaterhouseCoopers wurde mir schon während des Praktikums viel Verantwortung übertragen. Im Bankenwesen ist das eher unüblich. Zum Beispiel erhielt ich Aufgaben in der Prüfung, die ich selbstständig lösen musste, ohne dass mir ständig auf die Hände geschaut wurde. Insgesamt hat mir das Praktikum sehr gut gefallen, ich habe mich bewährt und dementsprechend ist mein Arbeitszeugnis positiv ausgefallen. Konsequenterweise habe ich mich dann bei PricewaterhouseCoopers als Associate beworben. Hier habe ich gemerkt, dass PwC sehr bemüht war, den Bewerbungsprozess vom Praktikanten zum Associate zu beschleunigen. Bei der Deutschen Bank betrug diese Phase zum Vergleich bis zu drei Monate, ehe ich eine Rückmeldung erhielt. PricewaterhouseCoopers war also einfach schneller. Im Berufsleben muss man oftmals schnell Entscheidungen treffen, da kann man nicht immer eine Entscheidungsmatrix aufstellen. Zudem fiel das Gehalt üppig aus.
Du hast 3 Jahre als Associate bei PwC gearbeitet. Wie gestaltet sich die Arbeit als Wirtschaftsprüfer?
Wirtschaftsprüfer müssen sich schnell in neue Aufgabengebiete einarbeiten können. Man sollte also sehr adaptiv sein, denn man springt immer wieder von einem Mandanten zum anderen. Es gibt zwar Phasen, in denen WP länger bei einem Mandanten vor Ort sind, dies kam bei mir aber eher selten vor. Associates haben sehr viel Stress, dabei war man jedoch nie auf sich alleine gestellt. Das Team war sehr homogen: Jeder war top motiviert, hatte einen ähnlichen Bildungsstand und hat dem anderen geholfen. Das war bei PricewaterhouseCoopers wirklich gute Kultur und hat mich sehr aufgebaut. Egal ob Manager, oder Senior Associate, man wurde nie hängen gelassen.7
Wie fällt denn das Gehalt in einer Big-Four-Gesellschaft für einen Associate aus?
Das Grundgehalt bei einer der Big Four beträgt ca. 3000 Euro im Monat. Hinzu kommen Boni, die den Umfang eines Grundgehalts haben, oder auch Fahrtgelderstattungen, die manchmal sehr hoch ausfallen. Insgesamt ein sehr attraktives Gehalt.
Wie sah das Bewerbungsverfahren zum Associate bei PricewaterhouseCoopers aus?
Klassisch. Ich musste ein eintägiges Assessment Center absolvieren. Das war recht anstrengend. Positiv war, dass alles sehr fair ablief. Dennoch, man stand ständig unter Strom, da man einerseits im Team arbeiten, andererseits seine Mitbewerber als Konkurrenten betrachten musste. Zunächst musste man sich vorstellen und erklären, wieso man zu PricewaterhouseCoopers möchte. Danach wurden die Teilnehmer in kleine Gruppen eingeteilt, die in 30 Minuten gemeinsam eine Problemstellung bearbeiten sollten. Jede Gruppe wurde von einem Mitarbeiter beobachtet. Es wurde z. B. darauf geachtet, ob die Teilnehmer zurückhaltend oder zu dominant waren. Danach sollte man sich auf Englisch vorstellen und diskutieren: Das hat viele aufgrund der Nervosität und Sprachschwächen aus der Bahn geworfen. Anschließend fanden Einzelgespräche zu individuellen Fach-Themen mit einem PricewaterhouseCoopers Mitarbeiter statt. Darin wurde man bspw. über IFRS gefragt. Keine Frage ging unter die Gürtellinie. Sowas wäre letztlich auch nicht seriös.
Wie hast du dich auf die fachspezifischen Fragen vorbereitet? Hattest du in deinem Studium bereits WP-Schwerpunkte?
Nein, ich habe Wirtschaftspsychologie, Betriebsfinanzierungslehre und Bankbetriebslehre belegt. In Rotterdam habe ich mich dann in Entrepreneurship und bankspezifische Themen vertieft. Letztlich wird man als Wirtschaftsprüfer mit industriespezifischen oder aber finanzwirtschaftlichen Fragen konfrontiert. Und diese Fragen habe ich während des Studiums bereits kennengelernt.
Wurde dir erklärt, was für Aufstiegsmöglichkeiten es bei PricewaterhouseCoopers gibt?
Es wurde klar kommuniziert, dass man den Wirtschaftsprüfertitel benötigt, wenn man zum Manager aufsteigen will, und dass man dies nach ca. 3 Jahren angehen sollte.
Was war der Anlass für den Wechsel ins Bankwesen?
Ein ganz menschlicher Grund. Irgendwann führte mich mein Weg als Associate nach Frankfurt. Dort habe ich in einem großen internationalen Beratungsprojekt mitgewirkt, in dem wir uns ausgiebig mit Sarbanes Oxley beschäftigt haben. Anfangs sollte ich nur vier Wochen an diesem Projekt mitarbeiten. Da ich mich nicht so schlecht angestellt habe, wurde ich für weitere acht Monate gebucht. In dieser Zeit bin ich viel gereist und war faktisch 90 Prozent der Zeit nicht zu Hause. Danach habe ich ein Angebot für weitere zwei Jahre erhalten, aber dies ließ sich dann nicht mehr mit meinen privaten Vorstellungen in Einklang bringen: Obwohl es mir bei PricewaterhouseCoopers sehr gefallen hat, stand die Familienplanung im Vordergrund. Work-Life-Balance ist für mich sehr wichtig im Leben. Man sollte sich nicht davon irritieren lassen, wenn Arbeitskollegen stets 100 Prozent geben. Der Grund hierfür ist, dass diese Kollegen vorerst keine Familie gründen wollen, sondern ihre Karriere in den Vordergrund stellen.
Was würdest du einem Absolventen raten, der in die WP-Branche einsteigen möchte?
Ein Bewerber muss auf jeden Fall Anpassungsfähigkeit und Flexibilität mitbringen, z. B. muss er einen Standortwechsel in Kauf nehmen. Reisen mag auf den ersten Blick schön und gut sein, aber irgendwann wird es zur Belastung und das sollte man wissen. Ganz wichtig ist Teamfähigkeit. Der Stressfaktor ist immer wieder hoch – vor allem vor Jahresabschlüssen. Wenn dann jemand aneckt und nicht mitzieht, ist es ganz wichtig, soziale Kompetenzen und emotionale Intelligenz mitzubringen, so dass man schnell realisiert: Ein Teammitglied ist heute schlecht drauf und kann nicht 100 Prozent geben, also kompensiert das Team diesen Missstand. Außerdem muss man immer bereit sein, zu lernen, um nicht auf der Stelle zu treten. Darüber hinaus bin ich der Meinung, dass die englische Sprache nicht zu unterschätzen ist. Besitzt man hier Schwächen, dann bleiben einem die guten Mandate verwehrt. In meiner Zeit als Associate durfte ich bspw. für zwei Wochen in New York arbeiten, was eine spannende Erfahrung war.
Also würdest du heute wieder alles genau so machen…?
Für zwei bis drei Jahre würde ich wieder bei PricewaterhouseCoopers arbeiten. Außerdem macht sich das gut im Lebenslauf .
Thema Headhunting. Wirtschaftsprüfern wird nachgesagt, sie würden gezielt wegen ihrer Kompetenzen abgeworben. Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht?
Nach zwei bis drei Jahren Berufserfahrung passiert es öfter, dass man einen Anruf vom Headhunter bekommt – das passiert mir heute immer noch. Das hat aber vor allem damit zu tun, dass ich mich in meinem Fachgebiet spezialisiert habe. Bei PricewaterhouseCoopers habe ich mich auf Sarbanes Oxley fokussiert. Das war der Zeitpunkt, als das Gesetz erlassen wurde. Die Wirtschaft sucht Spezialisten, keine Generalisten.
Auf den Karriereseiten der großen Firmen gibt es weniger Stellenangebote, viele Jobs sind gefährdet. Wie siehst du die Situation in der Branche?
Sicherlich kann es passieren, dass der eine oder andere Mandant wegfallen wird, aber auf lange Sicht arbeiten Wirtschaftsprüfer auch in beratenden Projekten. Und da gibt es immer wieder neue Themen, die angegangen werden müssen. Beispielsweise war es damals Sarbanes Oxley und jetzt aktuell ist es das Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts. Von daher wird die Arbeit einfach nicht weniger. Und das wäre auch mein Insider-Tipp für alle zukünftigen Wirtschaftsprüfer: Setzt euch jetzt schon im Selbststudium mit Bilanzreformen wie BilMoG auseinander. Damit könnt ihr in jedem Vorstellungsgespräch punkten und zeigt Eigeninitiative.
Hast du noch Kontakt zu deinen ehemaligen Arbeitskollegen?
Ja, sogar mit sehr vielen. Oftmals berufsbedingt, z. B. wenn sie als Berater bei uns im Projektteam sitzen. Allerdings muss ich erwähnen, dass niemand mehr als Wirtschaftsprüfer tätig ist. Die meisten sind in die freie Wirtschaft gewechselt.
Sebastian Grosse* (*Name von der Redaktion geändert), 30 Jahre, ist Referent im IFRS Rechnungswesen und Treasury bei einer der größten Banken Deutschlands in Frankfurt. 2005 wechselte er nach einigen Jahren im Wirtschaftsprüfungssektor, wo er drei Jahre lang als Associate bei PricewaterhouseCoopers gearbeitet und zuvor ein Praktikum absolviert hatte. Sebastian Grosse studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln und sammelte an der Erasmus University in Rotterdam Auslandserfahrung. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.